nr. Boot Crew Segelfläche (m2) Gewicht (kg)
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BLUP / HR 24

10T - 9h - 32m - 20s

Robert Nowatzki

Holger Koerner

28 am Wind / vorm Wind

2000

 

Morgen früh werde ich mich wieder auf mein Rad schwingen und zur Arbeit fahren. Ich werde mir eine Tasse aus dem Schrank nehmen und unter den Kaffeeautomaten stellen, der neben der Bürotür steht und jedem Kollegen der vorüber geht einen freundlichen „Guten Morgen“ wünschen. Anschließend wird mir das Willkommensgeräusch des Computers eindeutig klarmachen, dass alles wieder so ist wie vor wenigen Wochen. Aber das stimmt nicht!

Es ist nicht so wie vor wenigen Wochen, denn ich habe mir einen Traum erfüllt! Ich bin zusammen mit einem Freund vom südlichsten zum nördlichsten Punkt der Ostsee gesegelt.

Nonstop. Von Wismar nach Töre in 10 Tagen / 9 Stunden / 32 Minuten und 20 Sekunden.

Ich glaube das hat vor uns noch niemand gemacht. Es ist zwar keine Weltumsegelung und Wilfried Erdmann kann sicherlich nur darüber lächeln, aber darum ging es ja gar nicht.

Als ich das erste Mal segelte war ich sofort mit diesem berühmten Virus infiziert. Man beginnt Erdmann und Moitessier Bücher zu lesen und träumt vom eigenen Segelboot. Den meisten Seglern, die ich kenne geht es ebenso. Das eigene Boot ist tatsächlich machbar, aber die Träumerei geht weiter. Lange Reisen, einsame Buchten und große Abenteuer. Eine Weltumsegelung.

Allerdings ist der Unterschied zwischen einem Wochenende in der Dänischen Südsee und einer Weltumseglung deutlich spürbar. Kaum hat man sich an Bord richtig eingenistet, heißt es Wecker stellen und zurück ins Büro.

Die letzten zehn Jahre habe ich so verbracht. Segelliteratur lesen, Träumen, Segelschein machen, Arbeiten gehen, Segeln auf der Havel und dem Greifswalder Bodden. Und immer wieder träumen von etwas Größerem, etwas das hinaus geht über das für mich Übliche. Aber was?! Als ich dann irgendwann an dem großen Globus drehe, der bei uns im Wohnzimmer steht, springt mich die Antwort an. Die Ostsee! Einmal durch. Gab es da nicht so eine berühmte Tonne ganz im Norden? Alles scheint jetzt logisch. Die Strecke, die Zeit und auch ein Mitsegler ist schnell gefunden.

Plötzlich ist es der 20. Juni 2016. Holger und ich tuckern mit Außenborder in die Wismarbucht und setzen uns gleich auf Grund. Super, der erste dumme Fehler noch bevor wir richtig gestartet sind!

Diese kleine Sandbank stellt sich allerdings als perfekte Segel-Hoist-Plattform heraus, da wir gegen den Wind aufgelaufen sind. Die Großschot dicht und das Vorsegel back holen. „BLUP“ legt sich auf die Seite und der Bug wird wie von Zauberhand ins Fahrwasser zurück gedrückt. Schoten wieder auf und Pinne rum, Vorsicht Halse!

Jetzt gehts aber wirklich los, auf nach Norden! Nun wird sich herausstellen wovon meine Segelhelden immer gesprochen haben. Wir erleben kurze Unwetter und lange Flauten. Die Segel werden in alle möglichen Richtungen gezogen. Backbord, Steuerbord und immer wieder hoch und runter.

Wir lernen, dass schwedische Schären nicht nur Bootsrümpfe, sondern auch Freundschaften auf die Probe stellen, aber auch dass ein gemeinsamer „Ausnahmsweise-Rum“ aus der Sunset Bar alles schnell wieder einrenkt.

Am 30. Juni schiebt uns der Wind unter Gennaker mit 6 Knoten Richtung Töre. Ich bin der glücklichste Segler auf der Welt und weil der Sonnenuntergang hier oben nicht enden will, bleibe ich das auch noch sehr lange.